Warum Beteiligung oft erst dann laut wird, wenn es zu spät ist.
Wer in der Kommunalpolitik aktiv ist – so wie Prof. Dr. Marco Beeken und ich es in Cloppenburg zusammen erlebt haben – kennt das Phänomen: Wenn wir zu Beteiligungsworkshops eingeladen haben, war der Zuspruch oft überschaubar. Sobald die Bagger rollten, war der Protest groß.
Was ist das Beteiligungsparadoxon?
Was nach Alltag klingt, hat einen Namen: das Beteiligungsparadoxon. Es beschreibt ein wiederkehrendes Muster – ob in der Politik, in Unternehmen oder Organisationen:
Je früher Menschen eingebunden werden könnten, desto geringer ist ihr tatsächliches Engagement. Erst wenn Entscheidungen konkret oder bereits getroffen sind, wird Beteiligung laut.
Marco Beeken hat kürzlich auf Facebook treffend geschrieben: „Wenn Beteiligung gewünscht ist, wird sie oft nicht wahrgenommen. Wenn Veränderungen umgesetzt werden, ist die Kritik groß – weil man nicht beteiligt wurde.“
Eigene Erfahrungen!
Ich kann das nur bestätigen – sowohl aus der Kommunalpolitik als auch aus meiner früheren Arbeit in der Kreishandwerkerschaft oder als Nachhaltigkeitsmanager.
Ein paar Beispiele aus meiner Praxis:
🧱 In Kommunen bleiben Beteiligungsformate zu Stadtentwicklung, Verkehr oder Haushaltsfragen häufig untergenutzt – bis zur konkreten Umsetzung. Dann wird diskutiert, mitunter emotional.
🛠️ In Handwerksorganisationen zeigt sich das gleiche Muster: Diskussionen über Beitragssysteme oder Strukturreformen stoßen erst auf Interesse, wenn sie verabschiedet oder wirksam sind – nicht im Vorfeld, wenn Gestaltung noch möglich wäre.
🌍 Im Nachhaltigkeitsmanagement ist Stakeholderdialog Standard – doch oft ohne Resonanz. Sobald jedoch konkrete Maßnahmen anstehen, wird Partizipation eingefordert.
Diese Erfahrungen sind nicht bloß anekdotisch, sondern gut erforscht. Beteiligung scheitert nicht an fehlenden Angeboten, sondern an Timing, Relevanzgefühl und Beteiligungskultur.
Die Folgen…
Oder wie Marco Beeken es formuliert:
„Diejenigen, die sich früh und sachlich einbringen, erleben oft wenig Resonanz. Die Lauten und Späten prägen hingegen die Debatte.“
Wir brauchen mehr Bewusstsein für das Beteiligungsparadoxon – sowohl bei denen, die Beteiligung ermöglichen, als auch bei denen, die davon Gebrauch machen sollen.
Denn Beteiligung ist kein Alibi und keine Einbahnstraße. Sie erfordert Offenheit und Ernsthaftigkeit auf Seiten der Verantwortlichen – aber auch Mut, Zeit und Bereitschaft zur Mitwirkung auf Seiten der Bürgerinnen, Mitglieder oder Mitarbeitenden.
Ein hoffnungsvoller Ausblick…
📌 Aktuell beschäftigt mich dieses Thema auch in meiner neuen Rolle als Geschäftsführer des DBVC Deutscher Bundesverband Coaching e.V.
Wir haben dort bereits erste Schritte zu einer strukturierten Organisationsentwicklung eingeleitet. Der Hinweis auf das Beteiligungsparadoxon – danke nochmals an Marco Beeken an dieser Stelle – hat mich nochmal darin bestärkt, die begonnene und frühzeitige Beteiligung unserer Stakeholder, insbesondere unserer Mitglieder, strukturiert fortzusetzen. Denn nur so wird Veränderung getragen – und gelingt auch im Alltag.
💬 Mein Appell – an uns alle:
Lasst uns die Fenster zur Mitgestaltung nutzen, solange sie offen sind. Danach ist es oft zu spät.
Und ein ausdrückliches Dankeschön an Prof. Dr. Marco Beeken 🙏 für seine klare Sprache, sein kommunalpolitisches Engagement und die Bereitschaft, unbequeme Themen anzusprechen. Gerade das brauchen wir in der heutigen politischen Kultur.
Was ist Dein Blick auf die Dinge?
💡 Jetzt interessiert mich Deine Perspektive: Wie erlebst Du Beteiligung in Deiner Kommune, Organisation oder im Berufsalltag? Welche Formate funktionieren aus Deiner Sicht – und welche eher nicht?
🔁 Teile gern eigene Erfahrungen oder Impulse in den Kommentaren – ich freue mich auf den Austausch.
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Quellen
- https://www.facebook.com/marco.beeken/posts/pfbid0Yj9KyuDwhGCHbExYPmhM9kMogqedTWeUgZhL7VGnRVN5GJh4Y7HypEAGt3X7gh76l
- https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/verbandszeitschrift/FWS/2017/6_2017/FWS_6_17_Beteiligungsparadoxon_in_Planungs_und_Entscheidungsverfahren_R._Hirschner.pdf
- https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Vielfaeltige_Demokratie_gestalten/Buergerbeteiligung_in_Kommunen_verankern.pdf
- https://www.netzwerk-demokratie-und-beteiligung.de/themen-diskurse/wirkungsforschung/
- https://www.buergergesellschaft.de/fileadmin/pdf/gastbeitrag_renner_190125.pdf
- https://bipar.de/wp-content/uploads/2024/08/ePaper_15_Loechtefeld_Sommer.pdf
- https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-36181-5_2
- https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017-05-08_texte_36-2017_impulse-buergerbeteiligung_0.pdf