Hindernis für verantwortungsvolle Politik?

Es gibt kaum etwas, das mich derzeit mehr an der politischen Landschaft in Deutschland frustriert als die Art und Weise, wie wir Debatten führen. Sachliche Differenzen werden zur existenziellen Bedrohung aufgeblasen, Annäherungen als Schwäche diffamiert, und in der öffentlichen Wahrnehmung scheint es nur noch um den nächsten Skandal zu gehen.

Ob in den Medien, in sozialen Netzwerken oder am Stammtisch – es herrscht eine Kultur der permanenten Empörung. Die Folgen sind fatal: Statt um Lösungen geht es um Schlagzeilen. Statt um konstruktive Politik geht es um parteitaktische Manöver. Wir leben in einer Mediendemokratie, aber wir haben noch nicht gelernt, mit ihr umzugehen.

Gerade jetzt, nach der Bundestagswahl und während der anstehenden Koalitionsverhandlungen, zeigt sich dieses Problem besonders deutlich. Die politische Mitte muss Kompromisse finden, um eine stabile Regierung zu bilden. Doch die Art, wie über diese Verhandlungen berichtet wird – und wie sie geführt werden –, lässt Zweifel aufkommen, ob das gelingt.

Kommunikation als Stolperstein: Ein Beispiel aus den aktuellen Verhandlungen

Ein aktuelles Beispiel für diese Problematik zeigt sich in der Diskussion um die Reform der Schuldenbremse und das geplante Infrastruktur-Sondervermögen. Die GRÜNEN haben sich dagegen ausgesprochen, was von vielen Unionspolitikern als mangelnde staatspolitische Verantwortung kritisiert wird.

Doch ist das wirklich der Kern des Problems? Oder liegt es nicht vielmehr an der strategisch mehr als unglücklichen Kommunikation der CDU/CSU nach den ersten Sondierungsgesprächen mit der SPD? Dass die Union die Grundgesetzänderungen noch mit dem aktuellen Bundestag vollziehen will, mag sachlich nachvollziehbar sein. Doch die Art und Weise, wie diese Strategie öffentlich gemacht wurde, war eher ein Frontalangriff auf mögliche Partner als eine Einladung zum Dialog.

Deshalb habe ich mich als CDU-Mitglied vor rund einer Woche mit folgender Anfrage an die Unionsspitze gewandt:

Offene Fragen an die CDU-Spitze

Lieber Friedrich Merz, lieber Dr. Markus Söder,

Die ablehnende Haltung der GRÜNEN zur Reform der Schuldenbremse und zum Infrastruktur-Sondervermögen zeugt nicht von staatspolitischer Verantwortung. Menschlich verständlich ist sie gleichwohl.

Dabei beziehe ich mich als Grund für diese Einschätzung ausdrücklich nicht auf Äußerungen der CDU/CSU im Wahlkampf oder auf die Kehrtwende der Union in Sachen Staatsschuldenpolitik, die aus meiner Sicht staatspolitisch geboten ist, wenn sie mit Strukturreformen hinterlegt wird. Sondern ausschließlich auf die strategisch mehr als missglückte Kommunikation nach den ersten Sondierungsgesprächen mit der SPD, die zur Idee geführt hat, die Grundgesetzänderungen noch mit dem aktuellen Bundestag vollziehen zu wollen.

Was war die strategische Idee hinter diesem aggressiven Kommunikationskonzept? In welchem Maß hat nach Ansicht der Unionsspitze ihr eigenes Verhalten zur Entscheidung der GRÜNEN beigetragen? Und was kann und wird die Unionsspitze jetzt tun, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen?

Wird man den GRÜNEN nun auch inhaltlich entgegenkommen, um das selbst verursachte Defizit im persönlichen Umgang auszugleichen?

Mit freundlichem Gruß
Michael Hoffschroer

Fazit: Politik braucht eine neue Streitkultur

Auch wenn sich inzwischen abzeichnet, dass eine Lösung für die Situation gefunden werden kann, zeigt dieses Beispiel ein grundlegendes Problem unserer politischen Streitkultur: Es wird in Superlativen gesprochen, es gibt nur noch Gewinner und Verlierer, und politische Kommunikation dient häufig nicht der Lösung, sondern der Inszenierung. Doch eine Demokratie, die dauerhaft so funktioniert, verliert an Handlungsfähigkeit.

Ich wünsche mir eine Politik, die wieder offener – manche mögen sagen: ehrlicher – kommunizieren kann. Aber meine Erfahrungen in der Kommunalpolitik zeigen: Ehrlichkeit in diesem Sinne, etwa das Eingestehen von Fehlern, wird von Wählern selten belohnt. Und Medien, die zunächst aufbauen, zerreißen später mit gleicher Leidenschaft – nicht immer im BILD-Stil, aber immer öfter.

Wir brauchen eine Politik, die den Mut hat, sich diesem Mechanismus zu entziehen. Eine Politik, die auch in schwierigen Zeiten den demokratischen Diskurs aufrechterhält, anstatt sich in Lagerdenken und Empörungsrituale zu verlieren. Und eine Politik, die erkennt, dass es um das langfristige Wohl unseres Landes geht – nicht um den nächsten medialen Erfolg.

Und vor allem brauchen wir mündige Bürger und verantwortungsvolle Medien, die ihren Beitrag dazu leisten, eine konstruktive Debatten- und Fehlerkultur zu ermöglichen.

Lieben Gruß

Michael

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PS: Titelbild und Text wurde mit Unterstützung so genannter künstlicher Intelligenz erstellt.

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